Das Berchtesgadener Land und der Bayerische Wald sind Leuchttürme des Tourismus in Bayern. Ein reiches Naturerbe, das in zwei Nationalparks mit dem höchsten Prädikat geschützt ist, ist der Garant für die Attraktivität dieser Regionen. Ein Nationalpark im Landkreis ist noch eine Vision. Doch nachdem der Bayerische Ministerrat bei seiner Klausurtagung im Sommer am Tegernsee beschlossen hat, einen dritten Nationalpark im Freistaat einzurichten, eröffnen sich unerwartete Chancen. Landrat Roland Weigert weilte am Donnerstag auf Einladung mit einer Delegation bei Umweltministerin Ulrike Scharf in München und sprach von einem „guten und ergebnisoffenen Dialog“.
Im Umweltministerium werden derzeit auch mit Vertretern anderer Regionen Gespräche geführt, die ihr grundsätzliches Interesse an einem Nationalpark anmelden. Als geeignete Kandidaten gelten der Spessart und die Rhön in Unterfranken sowie das Ammergebirge und das Karwendelgebirge in Oberbayern. Für den Auwald, glaubt Landrat Weigert, spreche die außergewöhnliche ökologische Qualität von der Lechmündung hinter Donauwörth bis zum Donaudurchbruch bei Kelheim. Und mit dem Aueninstitut in Schloss Grünau existiert bereits ein Besucherzentrum für einen möglichen Park. Einziges Manko sei die Gebietskulisse. „Es wird sicher schwierig, auf die im Raum stehenden 10000 Hektar zu kommen. Die Donau-Auen sind eher kleinteilig im Vergleich zu anderen Räumen.“ Doch das ficht Roland Weigert nicht an. Ein Nationalpark sei eine Chance, am Ende gehe es um Entwicklungsmöglichkeiten für die Region. Man sei für vieles offen. „Wir verfallen nicht in Beißreflexe. Wir haben auch über ein Biosphärenreservat gesprochen. Unsere bisherigen Naturschutzbestrebungen wie der Donaumoos-Zweckverband sind ausdrücklich anerkannt worden“, freut sich der Landrat.
Unumstritten ist, dass neben ökologischen Aspekten Nationalparks international als Destination im Naturtourismus eine wichtige Rolle spielen. Dazu gibt es eine ganze Reihe von Studien. Fakt ist aber auch, dass es zahlreiche Interessenvertreter aus Reihen der Jagd, Forstwirtschaft, Grundbesitzer oder Rechtler gibt, die durch verschärfte Naturschutzgebote Nutzungseinschränkungen fürchten. Das Umweltministerium weist deshalb im Auswahlverfahren darauf hin, dass die Bürger vor Ort unbedingt mitgenommen werden sollen. Das ist auch nötig, um die Akzeptanz der Bevölkerung und der Kommunen zu gewinnen.
Ministerin Ulrike Scharf hat deshalb einen intensiven und offenen Dialog angekündigt. Die Auswahl einer Region für den dritten Nationalpark soll in enger Abstimmung mit den Vertretern vor Ort erfolgen. Darum ist Landrat Weigert gestern auch nicht alleine nach München gefahren. Neben seinem Stellvertreter Alois Rauscher hatte er Bauernverbandsobmann Ludwig Bayer als Sprecher der Landwirte und den Rennertshofener Bürgermeister Georg Hirschbeck als Vertreter einer Donauanliegergemeinde im Schlepptau.
Ein Folgetermin für kommendes Frühjahr wurde gestern fest vereinbart. Vertreter der anderen Regionen sind 2017 ebenfalls ein zweites Mal nach München eingeladen. Ist die erste Dialogphase abgeschlossen, wird sich der Standort des dritten Nationalparks herauskristallisieren, hat die Ministerin angekündigt. Danach, heißt es aus ihrem Haus, werde die „Architektur“ des Nationalparks in der ausgewählten Region entwickelt. Am Ende des Prozesses, dessen Dauer völlig offen ist, soll ein auf internationalen Standards beruhendes, maßgeschneidertes Konzept stehen. Die abschließende Entscheidung über die Einrichtung eines dritten Nationalparks in Bayern trifft dann die Staatsregierung mit Zustimmung des Landtags.